Jeder Lauf hat so seine
Vorgeschichte. Ich (Volker) hatte mir den
Swiss Alpine Marathon schon lange
einmal vorgenommen, aber
nie klappte es terminlich dort
antreten zu können. Für 2006 sah die
Welt aber anders aus und so meldete ich
mich kurzerhand an. Im
März diesen Jahres gab es dann eine Geburtstagsfeier,
das Weizen
floss reichlich, nachgespült wurde mit Ouzo und irgendwann kam
das
Gespräch auf eben diesen Lauf. Unser Wolf Andy, zum damaligen
Zeitpunkt
weder Marathon- noch Supermarathon - Erfahren, schlug
nach weiteren Ouzos dann
ein, hier mitzumachen. Eigentlich wollte
ich mich an dieser Stelle fast bei ihm
entschuldigen, dass ich ihm
diesen Wettkampf mehr oder weniger aufgebürdet habe,
aber ich
muss meinen Teil des Ouzo - Abkommens auch noch erfüllen,
welches
da "Eisbaden" heißt..... Bis dies erledigt ist, setze ich die
Entschuldigung
erst einmal aus.
Ja, und Petra wollte in Davos nicht nur zuschauen. Der K78 war
zuviel, der K42
nicht ganz geheuer, so meldete sie sich eben für den
K21 an.
Am
28.Juli 2006
machen wir uns also auf den Weg nach Davos. Glücklicherweise ist es keine weite
Reise. Von unseren Südtiroler Quartieren aus, ist die Reiseroute
doch recht überschaubar. Über den Reschenpass, ein kleiner Abstecher nach
Österreich, geht es aber gleich wieder in die Schweiz hinein. Hier werden die
voll gepackten
Autos noch über den Fluelapass gequält und schon ist man quasi mitten in Davos.
Der Nobelort empfängt uns, wie wir es in den vergangenen 14 Urlaubstagen nicht
anders
gewohnt waren, mit brütender Hitze. Neu für uns sind nur die um die Mittagszeit
schon aufziehenden Gewitterwolken. Ein Wetterumschwung, ausgerechnet zum Lauf ?
Wir holen unsere Startunterlagen in Ruhe ab, schlendern noch ein wenig über die
Marathonmesse und machen uns danach auf den Weg nach Filisur. Hier quartieren
wir uns auf dem Zeltplatz ein. Kaum stehen die Zelte, geben die dicken Wolken
auch schon her, was sie versprachen. Ein Unwetter erster Güte lässt unsere gute
Laune
etwas schwinden. Wir schaffen es zwar noch in einer Regenpause Filisur
anzuschauen, aber das war es dann auch. Der Regen sollte bis zum nächsten Morgen
anhalten.
Der Tag X beginnt mit
triefender Nässe von Oben. Beim Gedanken daran, in Kürze am Start des K78 km zu
stehen, vergeht einem sogar der Appetit auf das eh schon
spartanische Frühstück. Aber es gibt kein zurück mehr. Bald schon sitzen wir in
der Bahn nach Davos und trotten dort im Strom der Massen dem Start entgegen.
Da der Landregen mehr in Sprühregen übergegangen ist und auch die Temperaturen
nicht gerade arktisch sind, wird auch unsere Laune wieder besser und Punkt
8 Uhr toben wir los, um die große Runde zu drehen. Der, wie der Stadionsprecher
so schön sagte, "Swiss Alpain Marathon Zwotausendsax" hat uns fest im Griff.
Der Lauf beginnt mit einer
großen Runde durch Davos, bevor man nach reichlich 5 km das Gebirge erstmals zu
spüren bekommt. Danach geht es in ständigem Auf
und Ab nach Filisur. Hierbei wird die wilde und schöne Zügenschlucht durchquert
und hinter der Ortslage Wiesen führt der Lauf über das Wiesner Viadukt, ein
gigantisches
Bauwerk für die Rätische Bahn. Nach Filisur beginnt der stetige Aufstieg in
Richtung Albulapass, nach Bergün. Dort folgt der anstrengende Weg in den
hochalpinen Bereich
zunächst zur Keschhütte, auf 2.632 m. Ab hier führt die Strecke über den teils
recht exponierten Panoramatrail, gute 10 km bis zum Scalettapass, auf 2.606 m.
Nun kommt
noch der 18 km lang Abstieg nach Davos, durch das Dischmatal, bevor man auf die
Zielgerade im Stadion von Davos einbiegen kann.
Andy und ich genossen also
gemütlich joggend die große Ehrenrunde durch Davos. Das Zuschauerinteresse war
um diese Zeit sogar schon recht groß und
dementsprechend auch die Stimmung einmalig. Wie viele der hier in großer Dichte
vorkommenden Rolls Royce, Ferrari oder mindestens S-Klasse - Fahrer
klatschte uns wohl Beifall? Ein interessanter Gedanke ;o))). Nach dem
Ortsausgang trennten sich dann unsere Wege, dass heißt, mir war es genug in
Sachen
Gemütlichkeit und so legte ich einen Schritt zu. Natürlich auch in der Hoffnung,
dass meine Form ein Herunterbügeln der Piste zulässt. Die Streckenführung
ist auf den ersten 30 km recht moderat. Man verliert zwar gute 500 Höhenmeter,
doch es sind immer wieder kernige Anstiege zu bewältigen. Der Abstieg vom
Silberberg hat es aber mehr in sich, als erwartet. Steil, sehr schmal, nass und
glitschig reicht eigentlich schon, aber man muss unbedingt im Tempo der Anderen
hier hinunterlaufen, um nicht umgerannt zu werden. Ich war jedenfalls heilfroh,
unversehrt unten angekommen zu sein. Danach wird es wieder angenehmer und
die Zügenschlucht bietet eine beeindruckende Kulisse. Hinter dem Bahnhof Wiesen
geht es auf das Viadukt und ich hatte an dieser Stelle das Glück, von einer
Bahn eskortiert zu werden. Mir lief es kalt den Rücken runter, bei den
Anfeuerungsrufen der Zuginsassen. Eine Stimmung wie im Fußballstadion! Wenig
später,
in Filisur, erwarteten uns Kerstin, Petra, Paul und Johannes. Petra hatte ja
noch etwas Zeit, bis zu ihrem Start um 13.30 Uhr. So waren mir und natürlich
Andy,
die aufbauenden Zurufe des gesamten persönlichen Begleittrosses sicher. Das tat
gut, denn ein wenig gebeutelt sehen wir beide auf den Fotos schon aus.
Und nur einen Kilometer weiter beutelte es mich richtig. Irgendein Muskel im
hinteren Oberschenkel wollte nicht mehr so wie er sollte. Ich musste anfangen
zu wandern, um überhaupt vorwärts zu kommen. Der Schmerz war vom Feinsten.
Gedanken schossen mir durch den Kopf: "Aus und vorbei !?", "Wie ist die
Zeit für Bergün, um nicht aus dem Rennen genommen zu werden?", "Lassen sich die
restlichen 47 km im Limit wandern?". Aber ich kam vorwärts. Nach einiger
Zeit packte ich es wieder richtig zu rennen und so ging es in Intervallen von
200 m Lauf und 100 m Wandern bis Bergün. Hier kam ich immerhin weit über eine
Stunde vor dem mich fast traumatisierenden Limit ein. Auf dem nicht allzu
steilen nächsten Wegabschnitt, überholte mich dann Andy. Seine lockeren
Sprüche bauten mich wieder etwas auf und so treiben wir uns gegenseitig bis zum
Dörfchen Chants. Hier besuchte ich den Sani, um mir meine Zehen etwas
verpflastern
zu lassen. Durch meinen seit einigen Kilometern seltsamen Laufstil, saßen meine
Füße wohl nicht mehr wie gewohnt in den Schuhen, mit dem Ergebnis, dass
ich mehrere Blasen und einen blutunterlaufenen großen Zeh mein Eigen nannte. Dem
war schnell abgeholfen, dazu gab es noch einen Schluck eines Zaubertranks,
namens Cola und weiter ging es, hinein in den hochalpinen Bereich. Die teils
extreme Steilheit des Geläufs störte meinen streikenden Muskel recht wenig, so
dass
ich gut vorankam und irgendwann auch Andy aus den Augen verlor. Mich störte auch
der einsetzende Regen zunächst wenig, erst an der Keschhütte
wurde mir die Witterung auch unangenehm. Zum Regen gesellte sich heftiger Wind,
teils dichter Nebel und eine tierische Kälte. Nass wie eine gebadete Katze
und eben vor Kälte klappernd lief ich Richtung Scalettapass, in der Hoffnung,
schnell in tieferen Lagen weniger Wind und somit mehr Wärme abzubekommen.
Diese gut und gerne 10 km auf schwierigstem Untergrund, waren wohl deshalb auch
meine schnellsten 10 km während des ganzen Laufs gewesen. Ich habe
die Zeit zwar nicht gestoppt, bin mir aber sicher das dies so war.
unterhalb des Scalettapass', es wird wärmer
und trockener
Ab dem besagten Scalettapass
führt der Weg 18 km fast ausschließlich abwärts. die ersten gut 2 km sind aber
wieder mal so steil, dass es weh tut zu rennen.
Ich hatte das Gefühl, meine Knie fliegen auseinander. So besann ich mich auf
meine Wandererfahrung und schlich mich eben etwas langsamer zu Tal.
Oberhalb Dürrboden begann ich dann wieder mit dem Laufschritten und es ging
erstaunlich gut. Die Cola, die es von nun an auch als Verpflegung gab, setzte
neue Energien frei, ließ Schmerzen vergessen und das Laufen machte wieder
richtig Spaß. Einen lauten Fluch musste ich aber vor dem Zieleinlauf doch noch
von
mir geben. Gute 3 km vor dem Ende gilt es noch einmal einen Anstieg zu meistern.
Er ist nicht wirklich sehr lang, auch nicht so steil wie manch andere
Passage dieses Laufes, aber er tut soooooo weh. Aber letztendlich, beim
Einbiegen auf die Zielgerade sind alle Schmerzen vergessen. Zielgasse,
Zeitnahme,
Medaille, Finisher-Shirt, die eigene Sippe umarmen, Erdinger alkoholfrei
trinken...... alles ist wie ein Traum! Aber ich wunderte mich auch nicht
schlecht; als
mich Andy im Ziel begrüßte. Er hatte mich, irgendwo auf den letzten 15 km
überholt, als ein menschliches Bedürfnis mich für einige Zeit hinter ein paar
Felsblöcke
getrieben hatte. Der Verbrecher! ...und er hat es unter 10 Stunden geschafft!
Gratulation, "Großer"!
Und Petra hat genauso eisern
durchgezogen. Ihre Strecke führte von Wiesen nach Davos. Zunächst durch die
Zügenschlucht, dann den Silberberg hinauf (was bin
ich froh, dass ich da nicht hoch musste) und von dort ober Monstein, Spina und
Heidboden nach Davos. Ein Streckenprofil für einen Halbmarathon, dass sich
gewaschen hat. Gratulation und Hochachtung vor dieser Leistung!
Peti zeigt Hochleistung im Hochgebirge
Der Rest von der Geschichte
ist schnell erzählt. Nachdem ein gepflegtes Dosenbier den Weg in unser Inneres
gefunden hatte, mussten wir schon wieder zum Bahnhof
laufen, denn der letzte Zug nach Filisur wartete auf uns. Der Abend wurde dann
in der Zeltplatzgastronomie verlebt und dabei die Ereignisse des Tages gebührend
gefeiert. Einigkeit bestand darin, dass wir nicht das letzte mal in Davos
waren.....
Auf Links zu genannten Orten und
dergleichen habe ich dieses mal bewusst verzichtet. Auf der offiziellen Website
des Swiss Alpine Marathons, sind entsprechende
Verlinkungen ausreichend vorhanden.
Unsere Laufzeiten und Platzierungen:
K21 = 21,1 km +590 / -300 m |
Petra |
02:30:55 Std. |
Platz 144 von 267 Finisherinnen |
K78 = 78,5 km +/- 2.320 m |
Andy ( der Wolf) |
09:51:18 Std. |
Platz 461 von 812 Finishern |
K78 = 78,5 km +/- 2.320 m |
Volker |
10:02:46 Std. |
Platz 507 von 812 Finishern |