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Monte Cevedale, 3.769 m, Ortlergruppe, Südtirol

Der Versuch den Cevedale im Jahr 2010 über den Talort Sulden und die Casati-Hütte zu besteigen, war auf Grund eines nächtlichen Wetterumschwungs leider nicht von Erfolg gekrönt. Was lag da näher, diesen schönen Berg 2 Jahre später noch einmal zu versuchen. Diesmal hatten wir uns die weniger begangenere Route aus dem hinteren Martelltal, über Marteller Hütte (2.610 m), die Fürkelescharte (3.032 m), den Ostgrat zur südlichen Zufallspitze (3.757 m), über den Verbindungsgrat zum Monte Cevedale (3.769 m) ausgesucht, bei geplantem Abstieg auf selbem Wege. Wir, das sind Franz Auer und ich, Volker, in Begleitung von Rosmarie Auer und Kerstin bis zur Marteller Hütte.
 über weite Wollgraswiesen, auf Höhe der Baumgrenze, führt der Weg zunächst zur Zufallhütte
Die Wettervorhersage war recht passabel, für den 12. Juli war hervorragendes Bergwetter angesagt, welches bis zum 13. Juli, unserem Gipfeltag, in die Mittagszeit hineinreichen sollte. Dann war eine durchziehende Kaltfront mit allen Unannehmlichkeiten, welche in solchen Höhenlagen üblich sind, angesagt. Kein Problem für uns, denn da wollten wir bereits im Tal, bei leckerem Cappuccino und den berühmten Marteller Erdbeeren, den Gipfelerfolg und Rosmaries 21. Geburtstag ;-) ein wenig feiern.
wahre Blumenfelder, hier Bärenpratzen, auf dem Weg durchs hintere Martelltal
Rosmarie beim Scannen der Hänge nach Hirschen und Gämsen steil geht es zur Marteller Hütte aufwärts
Also ging es bei bester Laune das Tal hinauf, stetig aber angenehm ansteigend, durch weite Wiesen voller Wollgras und unzähliger duftender Blumen. Am Plimabach, der das Tal durchfließt, unten im Vinschgau in die Etsch mündet, gönnten wir uns eine ausgiebige Rast, bevor der etwas anstrengendere Hüttenanstieg, in steilen Serpentinen, über gut 300 Höhenmeter auf uns wartete.
vollbracht, Franz und Rosmarie auf den letzten Metern zur Hütte Ausblick auf die Zufallspitzen, von welchen ein Grat zum Cevedale führt
(unter der Fahne)
Sobald die Hütte erreicht war, stockte uns gleich wieder der Atem! Nein, nicht wegen der Anstrengung in dünner Höhenluft! Die traumhaften Aus-, Weit- und Tiefblicke in diese alpine Arena raubte uns die Luft. Im Westen steilt sich die König-Spitze majestätisch, wenn auch seit einigen Jahren ohne Schaumrolle, in den Himmel. Im Südwesten schauen wir auf nördliche und südliche Zufallspitze, im Osten die Veneziaspitzen... und der Blick über den Zufritt See ins Vinschgau ist auch nicht ohne!
im Westen die Pyramide der König-Spitze, 3.851 m unser Nachtquartier, die Marteller Hütte
leckerer Apfelstrudel, Radler, Saft ...wir genießen bei bester Versorgung die Ausblicke von der Sonnenterasse der Hütte Blick über den Zufritt See ins Vinschgau hinab
Allem Anschein nach beste Bedingungen für unsere Hochtour auf den Monte Cevedale am nächsten Morgen. Unsere Aufstiegsroute konnte wunderbar studiert werden, Steigspuren waren vorhanden, die Route schien steinschlagsicher... Wir hatten keine Zweifel, den Gipfel zu erreichen, auch nicht, als nach dem 4-gängigen Hüttenmenü erste Nebelschwaden den Blick auf den Gipfel unserer Begierde versperrten.
die Aufstiegsroute, von der Marteller Hütte zunächst hinab auf den Fürkeleferner, hinauf bis zur Fürkelescharte (3.032 m) und dann einfach immer dem Grat folgen, die südliche Zufallspitze überschreiten und auf dem Verbindungsgrat südlich zum Cevedale
die Aussicht am frühen Morgen zerstörte alle Gipfelträume
bis in die Mittagszeit trommelte der Regen an die Fenster wir testen derweil die Marteller Hutmode
Erstens kommt es anders... Nicht weit nach Mitternacht wurden wir durch Donnergrollen aus unserem Hüttenschlaf gerissen. Manchmal sind Kaltfronten halt schneller als die Wettervorhersage. Den auf 4:45 Uhr gestellten Wecker konnten wir alsbald deaktivieren und hofften nun auf eine Wetterbesserung, um wenigstens trocken ins Tal zu gelangen. Das dauerte bis in die Mittagszeit, ehe der Regen aufhörte gegen die Hüttenwände zu peitschen. Richtung Tal sah es nun ganz passabel aus, nur Cevedale und Co. wurden weiter vom Schnee umtost und entzogen sich unseren Blicken. Zweiter Versuch, zweiter Fehlschlag, mussten wir ernüchternd feststellen.
auf dem Gletscherlehrpfad über der Hütte Wasserzufuhr für den Plimabach vom Hohenferner
kleiner See, kurz vor der Steilstufe zum Tal und hinab geht es, in wärmere Gefilde
die Zufallhütte, auf der westlichen Talseite das ehemalige Hotel Paradies
Das Beste aus dem Tag heraus zu holen war nun unsere Devise. So machten wir uns auf den Weg über den östlichen Teil des Gletscherlehrpfades, auf dem das hintere Martelltal, Teil des Nationalparks Stilfserjoch, durchwandert werden kann. Entgegen der eigentlichen Wanderrichtung galt es zuerst einige Höhenmeter über der Marteller Hütte zu erobern, bevor sich der Blick in das Hochtal unterhalb von Hohen- und Ultenmarktferner richtet. Der Lehrpfad besteht aus insgesamt 8 Etappen, welche an Rastpunkten mit Schautafeln versehen sind, diese erklären Glaziologie, Flora und Fauna des Gebietes. Sehr interessant, wenn auch nicht wirklich Ersatz für ein Gipfelerlebnis. Nach genüsslichem Wandern erreichten wir zwei Stunden später das verfallene, berühmt / berüchtigte Hotel Paradies. Wo einst die Geheimdienste Mussolinis und Hitlers ausgebildet wurden, genossen wir unsere letzten Vorräte, tranken ein Bier und einen Schnaps auf Rosmaries Ehrentag und machten uns wieder ins warme, sonnige und trockene Vinschgau hinab...
das eigentliche Ziel nicht erreicht, doch froh darüber, zwei wunderbare Tage am Berg verbracht zu haben
Das Martelltal ist eines der ursprünglichsten Seitentäler Südtirols. Es erstreckt sich von Schloss Obermontani auf 950 m bis zum Gletscher des Cevedale auf 3.700 m. Innerhalb des Nationalparks Stilfserjoch findet sich eine vielfältige Flora und Fauna. Gämsen, Hirsche, Adler... und manchmal (besser aber nicht) Bären können hier beobachtet werden. Zudem ist das Martelltal ein Wintersportparadies. Dieser Tage wurde die weltbekannte Biathlonanlage auch mit einer Rollerbahn, für das Sommertraining ausgestattet. Nicht nur eine Empfehlung für Leistungssportler, auch volkssportliche Langlauf-Enthusiasten finden hier ein Betätigungsfeld.
Berühmt ist das Martelltal auch für seinen Erdbeeranbau. Von Juni bis in den September hinein kann man hier selbst die süßen Früchte ernten oder, weniger anstrengend, bei den Obstbauern oder -genossenschaften frisch geerntet kaufen. Eine Gaumenfreude, welche man sich nicht entgehen lassen sollte!

Siehe auch: www.martell.it


Die technischen Daten:
unser Start war im hinteren Martelltal, an der Enzianhütte, (letzter Parkplatz) 2.055 m
über Weg 150
zur Zufallhütte, 2.265 m
weiter über Weg 150 bis zur Staumauer, links über diese weiter auf Weg 103
zur Marteller Hütte, 2.610 m, www.martellerhuette.com
zurück
über Weg 37 / 37a auf dem Gletscherlehrpfad bis zur Staumauer
weiter auf Nr. 31 - 37
zum ehemaligen Hotel Paradies, 2.088 m
von hier ca. 500 m bis zum Parkplatz
Gesamtstrecke unserer Tour, ca. 10 km

Das Martelltal erreicht man von Bozen über Meran kommend ab Latsch / bzw. vom Reschenpass kommend ab Goldrain. Großer gebührenpflichtiger Parkplatz an der Enzianhütte

Charakter:
Eine sehr schöne, lange und im Anstieg zur Marteller Hütte ein wenig anstrengende Wandertour.

Karten / Literatur:
Tabacco - Topographische Wanderkarte, Blatt 08 - Ortlergebiet
Hochtouren Ostalpen, Edwin Schmitt / Wolfgang Pusch, Bergverlag Rother, ISBN 3-7633-3010-0

Ausrüstung:
Bergwanderausrüstung, für den C
evedale die komplette Gletscherausrüstung

Unterkunft:
diverse Möglichkeiten, in diesem touristisch extrem gut erschlossenen Gebiet
(z.B. in Martell, Gand, im Zufritthaus an gleichnamigen Stausee...)

zu unserem Tourbericht "Cevedale 2010"

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